Ecuador 19.10.-13.11.2015

 
Teil 3: Beginn der Amazonasbecken-Expedition im Naturreservat Cuyabeno (28.-30.10.)

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Hier beginnt mein persönlicher Reisebericht der vom Reiseveranstalter PapayaTours organisierten Gruppenreise. Er ist wegen der Untergliederung in bestimmte Schwerpunkte nicht immer chronologisch aufgebaut. So möchte ich mit der 6tägigen Expedition ins Amazonasgebiet beginnen, welche entscheidungsgebend für die Reise war. Unsere 11köpfige Gruppe wurde in eines der entlegensten Regenwaldgebiete Südamerikas geführt. Auf einer Expeditionsreise in die WWF Projektregion Putumayo wollte ich - wie im Reiseprospekt angegeben- die Gelegenheit nutzen, die Arbeit des WWF aus erster Hand kennenzulernen und auf geführten Pirschgängen die enorme Artenvielfalt erkunden. Interessenten steht der WWF-Flyer zum Download bereit.
Kartenausschnitt Zancudo Cocha im Naturreservat Cuyabeno

Unsere erste Station war Zancudo Chocha im Naturreservat Cuyabeno (Link zur kompletten Karte). Dieses im Nordosten von Ecuador gelegene Regenwaldgebiet wurde 1980 auf Drängen von Naturschützern eingerichtet, um es vor dem Zugriff internationaler Ölmultis zu bewahren. Es liegt am nordwestlichen Rand vom Einzugsgebiet des Amazonas. Mit 10 Affenarten, über 500 Vogelarten und einem Rekord von 307 verschiedenen Baumarten pro Hektar gilt das Reservat als eins der komplexesten Ökosysteme der Welt. Neben dem Schutz der einzigartigen Flora und Fauna dient es auch dem Erhalt der dort ansässigen indigenen Völker, die noch weitgehend in traditioneller Lebensweise leben.

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Ausgangspunkt war das Städtchen Coca. Hier sind die Händler darauf eingestellt, größere Mengen an Gummistiefeln und Regenponchos zu verkaufen. Wir taten gut daran, den Rat unseres Reiseleiters Carlos zu befolgen, uns nicht auf die Bergstiefel zu verlassen. Im Gegenteil, diese ließen wir wie vieles andere gleich im Hotel, denn dorthin würden wir nach unserer Expedition ja zurückkehren. So hatten wir auch doppelte Gelegenheit, Tiere im tropischen Hotelgarten zu beobachten. Die Totenkopfäffchen sahen wir hier weitaus besser als später im Dschungel. Agutis sahen wir überhaupt nur hier. Nach Wikipedia sind Agutis fast die einzigen Tiere im Amazonasgebiet, die mit ihrem starken Gebiss die harten Kapselfrüchte der Paranuss öffnen können und damit zur Verbreitung der Gehölze beitragen. In etablierten Regenwald-Lodges gibt es ein Wegesystem und manchmal sogar eine Beobachtungsplattform sowie erfahrene naturkundliche Guides. Die Cuyabeno-Lodge mit ihrer informativen Website gehört dazu. Dies erwähne ich nur zum Vergleich, denn wir waren mit ganz anderen Bedingungen konfrontiert.

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In Shushufindi wartete ein Motorkanu mit Trinkwasser und Proviant für 6 Tage auf uns. Wir brauchten nur noch einzusteigen. Die typischen Holzhäuser der Einheimischen stehen auf Stelzen - was aber sehen wir halbrechts? So hatten wir uns Indianersiedlungen nicht vorgestellt, aber von den praktischen Vorzügen konnten wir uns überzeugen. Unterm Dach konnten wir unser Lunchpaket genießen. Überraschend handelte es sich  um ein warmes frisch gekochtes Mittagessen. Und den obligatorischen Regenschauer konnten wir unterm schützenden Dach verbringen. Was wir nicht wussten: Der nächsten Regenschauer kam kurz nach dem Einsteigen ins Boot, wurde immer heftiger  und dauerte fast die kompletten 90 min Fahrzeit. Der Regen klatschte ins Gesicht, die nasse Brille vereitelte jede erhoffte Tierbeobachtung am Rio Aquarico. Pünktlich zum Ausstieg aus dem Boot hörte der Regen auf, vor uns lagen 90 min Wanderung ohne Gepäck entlang eines komfortablen Dschungelpfades. Wir sollten uns nicht von Fotomotiven ablenken lassen, damit uns im Dschungel nicht auch noch die Dunkelheit überrascht.
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Uns erwartete der größte See im ecuadorianischen Teil des Amazonasbeckens, die Zancudo Cocha Lagune oder auch "Mückensee". Noch war er nicht so spiegelglatt wie auf den beiden Bildern vom nächsten Morgen. Diesen See galt es nun zu überqueren, um das recht komfortable Iripari Jungle Camp am gegenüberliegenden Ufer zu erreichen. Zunächst war kein Boot zu sehen oder ich nahm es nicht wahr als unser "Wassertaxi". Ein einsamer Ruderer näherte sich mit kraftvollen Schlägen und nahm schließlich unsere halbe Gruppe in´s Boot. Die andere Hälfte wartete geduldig, bis der Ruderer auch sie abholte und ins Camp brachte. Wo blieb das Motorboot von Bild 4 und die restliche Crew?  Zwei Tage später sahen wir mit eigenen Augen, was die Crew auf ihrem Weg zum Camp für Schwierigkeiten zu bewältigen hatte und staunten nicht schlecht. Doch erst einmal sahen wir uns im Camp um. Das recht neue und komfortable Iripari Jungle Camp hatte eine Küche mit mit Arbeits- und Sitzplätzen im Freien. Ebenfalls im Untergeschoss wurde getafelt oder abgehangen. Im Obergeschoss gab es moskitogeschützten Betten. Spätestens ab 18 Uhr, besser ganztags, sollte man sich unbedingt vor Insektenstichen schützen.

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Auf einer geführten Wanderung wollten wir das Typische des Tieflandregenwald näher in Augenschein nehmen. Meine eigenen Erwartungen waren vorgeprägt vom  Corcovado-Nationalpark in Costa Rica, wo wir im Jahr 2000 irrsinnig große Urwaldriesen bestaunten. Sie waren gefühlte 3mal so hoch und 3mal so dick wie die hiesigen. Solche Exemplare sahen wir hier nicht, aber kleinere Bäume standen durchaus auch auf mächtigen Brettwurzeln. Dieser Wuchs zeugt generell davon, dass die Humusschicht im Regenwald sehr dünn ist. Beim genaueren Hinschauen zeigten sich an einer Stelle auch Blattschneideameisen Warum sahen wir sie nur ein einziges Mal? Zahlreich waren Moose und Baumpilze, letztere auch in Augenhöhe wie Termiten. Überall wurden wir Zeugen dafür, wie die knappen Nährstoffe im scheinbar so üppigen Regenwald zurück in den Kreislauf geraten.  
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Farbenfrohe Helikoniengewächse gehörten zu den "Hinguckern".  Ranken und Lianen waren zahlreich, auch sogenannte Affenleitern. Tiere sahen wir jedoch nicht und es gab auch nur wenige akustische Hinweise. Unser Reiseleiter Carlos Diaz war zum Glück ornithologisch bewandert und meinte, einen Amazonian Scrub-Flycatcher [Sublegatus obscurior] gehört zu haben. Es handelt sich um eine wirklich seltene Art, die in Ecuador nur punktuell auftritt oder - was auch möglich ist - bisher unerkannt geblieben ist. Er gehört zur Familie der Buschfliegenstecher, einen gesicherten deutschen Artnamen konnte ich nicht finden. Carlos kannte den "Amazonas Buschfliegenstecher" aus einem anderen Regenwaldcamp. Die Sicherstellung durch eine zusätzliche Sichtbeobachtung wäre vorteilhaft für die Fortschreibung der lokalen Avifauna, die angesichts der geringen Besiedlungsdichte und relativen Unerschlossenheit des Gebietes durchaus als lückenhaft einzuschätzen ist. Auch einen zweiten Ruf konnte Carlos einordnen. Er stammte vom Weißschwanztrogon [Trogon viridis]. Das ist ein wunderschöner mittelgroßer Vogel mit auffälliger Blau-Gelb-Färbung im Kontrast zum weißen Schwanz. Gesehen haben wir gar keinen Vogel, zumindest nicht im Innern des Regenwaldes. Am Ufer standen die Chancen naturgemäß wesentlich besser, als wir  nachmittags eine langsamen Bootsfahrt auf unserem See unternahmen. In der ufernahen Offenlandschaft erregte der kleine Schwarzkehlkardinal [Paroaria gularis] mit seinem Rot-Weiß-Kontrasten schon von weitem Aufmerksamkeit. Gruppenweise trat der Hoatzin [Opisthocomus hoazin] sehr auffällig in Erscheinung. Der 68 cm große Vogel kommt ausschließlich im Amazonasbecken vor und ist mit Kuckucken weitläufig verwandt.
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Die ebenfalls auffällige Gelbbürzelkassike [Cacicus cela] sahen wir an den Nestern des Breithauben-Stirnvogels [Psarocolius angustifrons], deren Nachnutzer sie ist. Letztere gehört zur Familie der Oropendolas, sie begrüßte uns gestern beim Ausstieg aus dem Motorboot an den eigenen Hängenestern, leider fehlte uns die Zeit zur Beobachtung. Bei der langsamen Bootsfahrt entlang unseres Seeufers entdeckten der kapitän und sein Helfer je einen Marmorreiher [Tigrisoma lineatum] und hatten sich damit jeder ein Bier verdient. Der besondere Knüller war der im Geäst versteckte Nestling. Das Foto rechts daneben zeigt den besorgten Altvogel und wir drehten behutsam ab. Ohnehin stand noch Piranha-Angeln auf dem Programm. Unser Boot ankerte nun im Windschatten einer Insel. Jeder von uns bekam einen Stock und einen Fleischköder. Mehreren von uns gelang es, einen Piranha herauszuziehen, doch sollte jeder seinen Fisch zurück ins Wasser werfen. Waren die Tiere zu klein? Schon am ersten Abend im Amazonasgebiet war der im Programm vorgesehene Grillfisch ausgefallen. Auch an den nächsten Expeditionstagen gelangte leider kein Fisch auf unsere Teller sondern eher Mehlspeisen oder Konserveninhalte. Die frisch gepressten Säfte aus dem Früchte-Vorrat waren immer sehr lecker.
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Nach zwei Übernachtungen im Iripari Jungle Camp sollte auf dem Wasserweg unser nächstes Dschungelcamp erreicht werden. In Vierer-Ruderkanus ging es durch ein schmales Fließ. Dabei galt die abenteuerliche Fahrt in als weitere Tiererkundung. Wenn wir nicht gerade mit der Fahrt an sich beschäftigt waren, gab es hauptsächlich Morphos, also große blaue Tagfalter, zu sehen. Sie waren ebenso schwierig zu fotografieren wie die Rotbrustfischer [Megaceryle torquata], welche angesichts der Enge sehr nah an uns vorbei flogen. Noch aussichtsloser war es, Fledermäuse zu fotografieren. Mindestens zwei Trupps  hatten wir beim Rudern von ihren anscheinend sehr nahen und vor allem sehr weit unten liegenden Tagesschlafplätze aufgeschreckt. Anscheinend werden ihre Ruheplatz selten gestört, was kaum verwundert.
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Bäume lagen im Weg. Immer wieder schlug der Anführer mit der Machete eine "Fahrrinne" frei. Respekt! Einmal schlüpften wir sogar im Liegen unter einem quer liegenden Baumstamm durch. Nun war uns klar, warum wir vor 2 Tagen bis zur Dunkelheit auf unsere Mannschaft gewartet haben. Während wir wanderten, musste das lange schwere Motorboot irgendwie hier durchgebracht werden. Ob der frische Schnitt auf dem rechten Foto von Aktivitäten unserer Crew zeugt? Vor Ort konnte ich es wegen fehlender Spanisch-Kenntnisse nicht erfragen.
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Mein Bootsführer Raffael sprach zwar kein Englisch, machte aber auf einen attraktiven Vogel aufmerksam, der sich als Kastanienglanzvogel [Galbalcyrhynchus leucotis] entpuppte. Carlos´ Informationen zum Bienennest (?) auf dem nächsten Foto konnte ich nicht verstehen, da ich nicht im selben Boot saß. Nachdem wir das relativ breite Flussbett des Rio Aquarico erreicht hatten, stiegen wir um in unser "großes" Motorboot. Dieses hatte in gebührendem Abstand hinter uns die Durchfahrt mal mit und mal ohne Motorkraft ebenfalls geschafft. Riesen-Respekt!!! Die Landschaft war nun wieder eine völlig andere, hier sahen wir Großschnabel-Seeschwalben [Phaetusa simplex] und statt der Morphos kleinere Schmetterlinge.Wir näherten uns Peru und dem Güeppi Reservat, welches ja unser Expeditionsziel war. Davon erzähle ich im nächsten Teil des Reiseberichts.
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